Mein Navi

Ich liebe den Kreisverkehr in Sopron. Da habe ich dann immer das Gefühl, jetzt bin ich im Ausland, jetzt ist es nicht mehr weit bis zu meinem Ziel. Und trotzdem beginnt erst jetzt die Strecke, die ich so gerne fahre. Keine Autobahn, einfach quer durch das Land, durch kleine Ortschaften mit unaussprechlichen Namen. Da denke ich dann immer wieder an „Piroschka“ und ihr Hotneschiwastahekutaschipuszta oder so ähnlich. Ich habe Jahre gebraucht um dieses Wort halbwegs aussprechen zu können, richtig schreiben wird mir wohl nie gelingen.

 

Sopron geht noch, irgendwann kommt dann Lövö, das kann man sich merken oder dann auch Sarvar oder Papa. Dazwischen nur die Stimme der Navi-Tante: Biegen sie im Kreisverkehr links ab, zweite Ausfahrt, oder so ähnlich.

 

 

Wenn ich es endlich geschafft habe mein WOMO zu packen, einfach loszufahren dann bin ich zunächst ziemlich geschafft und voller Sorge was ich nicht alles vergessen haben könnte. Wenn ich die Ortstafel von Tulln im Rückspiegel sehe, habe ich das erste Mal ein gewisses Urlaubsgefühl. Egal ob ich nach Ungarn, Kroatien oder Griechenland will, ich muss zunächst einmal zur Südautobahn. Ich habe nun die Auswahl Wien nördlich zu umfahren, was meist die schnellste Route ist, aber auch mit sehr viel Stress in Wien verbunden ist. Da tönt’s aus dem Navi: „…bleiben Sie rechts, bleiben Sie auf der rechten Spur…. Nehmen sie die Ausfahrt, bleiben Sie links“ dreispurig oder gar vierspurig bietet sich Wien an. In dieser Stadt habe ich die gesamte Zeit bis zu meiner Pensionierung verbracht und heute ist sie für mich ein Schreckgespenst, eine Fremde, durch die ich möglichst schnell durch sein möchte. Ich kann auch die Entscheidung treffen Wien südlich zu umfahren, über die Außenringautobahn, dabei gibt es dann wieder zwei Möglichkeiten, die eine auf der Autobahn bis Eisenstadt und die andere durch das Helenental und Baden ebenfalls nach Eisenstadt. Das ist zwar die wahrscheinlich an Kilometern kürzeste aber zeitmäßig längste Variante. Für die Fahrt durch das Helenental braucht man also Zeit und auch schönes Wetter und die Freude am Autofahren. Manchmal wähle ich das. Jedenfalls kämpfe ich da immer mit meinem Navi, das mir bereits kurz nach Tulln immer wieder sagt: „…drehen Sie wenn möglich um…“

 

Irgendwie schaffe ich es auch nicht meinem Navi zu sagen, in Österreich darfst du auf Autobahnen fahren – ich habe ja die Vignette – in Ungarn aber nicht. Also fahre ich erst einmal nach Klingenbach inkl. Autobahn um dann dort irgendwie neu zu planen und mein Reiseziel in Ungarn ohne Autobahn anzusteuern. Das ist zwar lästig, aber es geht eben nicht anders bzw. ich kann es nicht anders. Dann bin ich endlich in dem Kreisverkehr in Sopron und von nun an ging’s Richtung Urlaubsziel.  

 

 

Nach Kroatien zu meinem Lieblingscampingplatz sollte ich eigentlich schon blind fahren können, aber so ist es leider nicht. Zunächst fahre ich ja nicht immer die gleiche Route, manchmal über Ungarn, aber auch sehr oft über Slowenien. Nun bin ich bei Gott kein Schnorrer, aber von Spielfeld bis zur kroatischen Grenze bei Macelj gibt es so etwas Ähnliches wie eine Autobahn, großteils noch in Form von Baustellen mit Geschwindigkeitsbeschrän-kungen. Hier ist eine Maut fällig, für ein Wohnmobil bis zu 3,5 Tonnen 30 Euro für 30 Tage. Die gesamte Strecke beträgt etwas über 60 Kilometer. Gleich daneben führt eine Landes-straße mautfrei durch ein paar Ortschaften. Man braucht um ca. 10 Minuten länger. Dafür bin ich nicht bereit eine Vignette für 30 Euro zu kaufen. Also fahre ich bei der Abfahrt Spielfeld von der österreichischen Autobahn ab, gebe meinem Navi ein: „Navigieren zu: Macelj – ohne Autobahn“. Das kann mein Navi und das bringe ich auch noch selbst zusammen, Und es funktioniert einwandfrei.

 

 

Dieselbe Strecke zurück geht gar nicht. In Macelj gelangt man so auf eine Straße, die einfach aufhört, Dort war offensichtlich einmal ein Grenzübergang, jetzt endet die Straße ganz einfach mit aufgeschüttetem Schotter, also umdrehen. An der Kreuzung davor führt aber nur eine Straße weiter – allerdings zur Autobahn. Nachdem ich dort dreimal im Kreis gefahren bin, hat mir ein „Eingeborener“ der sich übrigens sehr freute einmal deutsch sprechen zu können – er hat vor vielen Jahren einmal in Tulln gearbeitet, den Tipp gegeben, einfach weiter zur Autobahn zu fahren, nach ca. 11km gibt es noch eine Möglichkeit abzubiegen und über Ptuj auf Landstraßen zu fahren, das soll aber wohl nicht publik gemacht werden, damit sich die Leute die Vignette kaufen. Obwohl ich das inzwischen weiß, drehe ich immer wenn ich dorthin komme doch eine Ehrenrunde zur „Straße ohne Ziel“ bis ich mich daran erinnere und auch die Tante Navi kennt sich dort nach wie vor nicht aus.

 

 

Trotz dieses Ärgernisses mit ca. zehn Minuten zusätzlichem Zeitverlust betrachte ich es als kleinen Sieg es doch wieder geschafft zu haben.

 

 

Wahrscheinlich könnte ich mir ein besseres, moderneres Navi kaufen, aber da müsste ich wieder umlernen und ich kämpfe schon jetzt mit den vielen technischen Geräten, die mich umgeben und manchmal sehne ich mich nach der Zeit zurück, wo ein Radio noch wie ein Radio ausgeschaut hat und man ein/aus – laut/leise ausgekommen ist.

 

 

Aber dann denke ich, was würde ich wohl ohne mein Navi machen und ich kann mir eigentlich nur sagen, ich müsste zu Hause bleiben. Irgendwie habe ich bei der Vergabe des Orientierungssinnes wohl geschlafen. Wenn man mich einmal umdreht, weiß ich nicht mehr aus welcher Richtung ich gekommen bin. Solange mein Mann gelebt hat hat er am Beifahrersitz eine Karte in der Hand und ich brauchte nur – so wie heute beim Navi – auf das Kommando: „Nächste Möglichkeit links“ usw. zu hören. Allerdings war das oft nicht ganz so freundlich wie meine Tante Navi, und wenn ich mich einmal vertan habe, gab es da auch sicher andere Ansagen als: „Drehen Sie wenn möglich um!“

 

 

Also liebe ich mein Navi, und so gesehen liebe ich auch den Kreisverkehr in Sopron, immerhin bis hierher hat es ja geklappt.